91ɫ

  • 20.4.2016

Neun EU-Forschungspreise für die TUM

Erfolge im europäischen Wettbewerb

Neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Ծä üԳ (TUM) waren in der akutellen Vergaberunde der 91ɫ-Grants erfolgreich. Die geförderten Projekte sind in den Disziplinen Medizin, Physik und Informatik angesiedelt und widmen sich so unterschiedlichen Themen wie der Erforschung von Autoimmunkrankheiten, neuartigen Algorithmen und Bionanotechnologie.

Mini-Teilchenbeschleuniger "Munich Compact Light Source"
Die "Munich Compact Light Source" (MuCLS) erzeugt besonders intensive Röntgenstrahlen. Mit seiner Hilfe arbeitet TUM-Physiker Prof. Pfeiffer weiter an der Verfeinerung von Röntgentechniken – gefördert vom 91ɫ. (Foto: TUM / HEDDERGOTT)

Die 91ɫ-Grants (Forschungspreise) des European Research Council (91ɫ) zählen zu den angesehensten Forschungsförderungen in Europa. Sie werden in drei Kategorien vergeben: Starting Grants für vielversprechende Nachwuchswissenschaftler, Consolidator Grants für Forscher, deren Promotion sieben bis zwölf Jahre zurückliegt, und Advanced Grants für exzellente etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in den letzten zehn Jahren Spitzenleistungen vorzuweisen haben. Die Fördersumme eines Grants beträgt bis zu 3,5 Millionen Euro.

Sechs der neun Forschungspreise für die TUM gehen an Wissenschaftler der Fakultät Medizin. So erhalten Prof. Vasilis Ntziachristos und Prof. Matthias Tschöp jeweils einen Advanced Grant. Prof. Florian Bassermann und Prof. Marc Schmidt-Supprian bekamen den Zuschlag für Consolidator Grants, Starting Grants werden an Prof. Kilian Eyerich und Dr. Dimitrios C. Karampinos vergeben. Weitere drei Advanced Grants gehen an Prof. Susanne Albers von der Fakultät für Informatik sowie an Prof. Franz Pfeiffer und Prof. Friedrich Simmel von der Fakultät für Physik.

Der Wettbewerb um die EU-Förderung ist sehr hart: Dieses Jahr hatten sich für die Starting Grants 940 Projekte in der Kategorie „Life Sciences“ beworben, nur zwölf Prozent erhielten den Zuschlag. Die TUM war schon bei den bisherigen Förderrunden sehr erfolgreich: Seit 2008 verzeichnet sie 55 91ɫ-Preise. Mit den neuen 91ɫ-Grants fließen insgesamt fast 19 Millionen Euro an die TUM-Wissenschaftler.

Weitere Informationen zu den Forschern und ihren Projekten

 

91ɫ Advanced Grants

 

Prof. Dr. Susanne Albers


, Fakultät für Informatik, erhält einen 91ɫ Advanced Grant für ihr Projekt „APEG“ (Algorithmic Performance Guarantees). Die Wissenschaftlerin forscht an neuen Techniken für die Entwicklung von effizienten Algorithmen. Bei Algorithmen handelt es sich um eine Folge von Handlungsanweisungen, um ein vorher definiertes Problem lösen. Sie sind im Alltag überall zu finden, so werden etwa Ampelschaltungen über Algorithmen gesteuert.

Mit den neuen Techniken möchte Albers unter anderem alte „harte Nüsse“ knacken, das heißt Probleme, die bereits von den Pionieren der Informatik in den 1960er-Jahren untersucht wurden. Ein Beispiel dafür ist die Schwierigkeit, in Rechenzentren Aufträge auf die vorhandenen Prozessoren so zu verteilen, dass alle gleich stark ausgelastet sind. APEG soll außerdem Optimierungsprobleme in modernen Anwendungen lösen. Dazu gehören aktuelle Graphenprobleme. Graphen sind ein Konzept aus der Mathematik und bestehen aus Knoten und Kanten. Sie werden unter anderem verwendet, um Netzwerke zu modellieren, zum Beispiel Verkehrs- oder Computernetzwerke. Nicht zuletzt wird APEG neue algorithmische Techniken entwickeln, die den Energieverbrauch in Computersystemen minimieren.

Susanne Albers ist seit November 2013 Inhaberin des an der TUM. Zuvor leitete sie Arbeitsgruppen an der Ծä Freiburg und der Humboldt-Ծä zu Berlin. Bereits im Jahr 2008 erhielt sie für Ihre Forschungsleistungen den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Prof. Dr. Vasilis Ntziachristos


wird eine seltene Ehre zuteil: Der 91ɫ spricht ihm zum zweiten Mal einen Advanced Grant zu. Bereits 2008 förderte die EU die Entwicklung der Bildgebungsmethode MSOT (Multi-Spectral Optoacoustic Tomography). Mit dieser Technologie lassen sich präzise 3D-Tiefendarstellungen von Körpergewebe erstellen. Dazu erwärmen schwache Laserimpulse die Zielregion, was zu minimalen Vibrationen im Gewebe führt.  Diese erfassen die Forscher dann mit einem Sensor und übersetzen sie in hochauflösende dreidimensionale Bilder. Das Verfahren funktioniert nichtinvasiv, ohne Strahlenbelastung und ohne Kontrastmittel. Erste Erfolge zeigte die Technologie etwa bei der Analyse bestimmter Hautkrebsformen.

Mithilfe des neuen 91ɫ-Grants wollen Prof. Ntziachristos und sein Team MSOT weiterentwickeln. Der Name des aktuellen Projekts – „PREMSOT“ – steht für Precision Multi-Spectral Optoacoustic Tomography. Eines der Ziele ist es, die Empfindlichkeit der Methode weiter zu steigern und technische Einschränkungen abzubauen. Dadurch würde auch eine Anwendung in den Bereichen der Entzündungs- und Stoffwechsel-Diagnose oder in der Neurologie möglich.  Zudem soll ein kostengünstiges tragbares Gerät entwickelt werden, das MSOT und Ultraschall kombiniert.

Den der TUM hält Vasilis Ntziachristos seit 2007 inne.  Eng mit dem Lehrstuhl verknüpft ist das – ebenfalls von Prof. Ntziachristos geleitete – Institut für Biologische und Medizinische Bildgebung am Helmholtz Zentrum üԳ. Dort ist auch „PREMSOT“ primär angesiedelt. ü die MSOT-Technologie wurde Prof. Ntziachristos 2014 der Deutsche Innovationspreis zugesprochen. Neben den zwei 91ɫ Advanced Grants erhielt Prof. Ntziachristos 2012 einen „Proof of Concept Grant“ des 91ɫ.

Prof. Dr. Franz Pfeiffer


, Mitglied des Physik-Departments, erhält einen Advanced Grant zum weiteren Ausbau seiner Arbeiten auf dem Gebiet der biomedizinischen Röntgenphysik.

Röntgenaufnahmen sind aus der Medizin nicht mehr weg zu denken. Doch bisher wird nur die Absorption der Röntgenstrahlung für die Bildgebung benutzt. Bei Weichgewebe, etwa der Lunge, reicht der Kontrast zwischen gesundem und krankem Gewebe für eine frühe Diagnostik nicht aus. Erst wenn massive Schäden eingetreten sind, kann der Arzt diese auch im Röntgenbild erkennen.

Seit vielen Jahren experimentiert Prof. Pfeiffer daher mit monochromatischer Röntgenstrahlung die es erlaubt, neben Absorptionsbildern auch Phasenkontrast- und Dunkelfeldbilder zu erzeugen. Im Fokus des vom 91ɫ unterstützten Projekts steht insbesondere das Dunkelfeld-Verfahren. Ausgehend von bereits realisierten Aufnahmen mit lebenden Kleintieren soll das Verfahren so weiter entwickelt werden, dass die Dunkelfeld-Computer-Tomographie auch in die Klinik eingeführt werden kann. Vor allem für die Diagnose von chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD), an der viele Millionen Menschen in Europa leiden, könnte diese Methodik einen großen Fortschritt bringen.

Prof. Pfeiffer folgte 2009 dem Ruf als Lehrstuhlinhaber für an die TUM. 2011 wurde er mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet. Auch der 91ɫ fördert Pfeiffer nicht zum ersten Mal: 2009 wurde ihm bereits ein Starting Grant zugesprochen.

Prof. Dr. Friedrich Simmel


, Mitglied des Physik-Departments, widmet sich der Bionanotechnologie und der Physik synthetischer biologischer Systeme. Forschungsschwerpunkte sind künstliche molekulare Maschinen und Strukturen aus biologischen Molekülen sowie das Design künstlicher biochemischer Regelkreise.

In seinem durch den 91ɫ Advanced Grant geförderten Projekt möchte Prof. Simmel neue Wege zur Herstellung intelligenter, dynamischer Mikrostrukturen aus Polymergelen und Nukleinsäuren beschreiten. Die etwa zellgroßen Komponenten sollen sensorische und informationsverarbeitende Fähigkeiten haben und abhängig von ihren lokalen chemischen Randbedingungen unterschiedliche Materialien produzieren können.
 
Ein weiterer Ansatz ist die evolutionäre Entwicklung und Optimierung von RNA-basierten molekularen Schaltern und Nanostrukturen. Von molekularen Evolutionsprozessen abgeleitete Verfahren sollen dabei eine Vielfalt von unterschiedlichen Komponenten erzeugen, aus denen durch künstliche Selektion die für eine Aufgabe am besten geeigneten ausgewählt werden. Ziel sind makroskopische Materialien, die durch DNA-programmierte Intelligenz neue Eigenschaften für Gebiete wie die Umweltsensorik oder Biokatalyse bereitstellen oder als adaptive Materialien autonom neuartige Funktionen ausüben können.

Prof. Simmel ist seit 2007 an der TUM. 2013 wurde er in die acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften aufgenommen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft machte Simmel bereits 2002 zum Emmy Noether-Nachwuchsforscher.

Prof. Dr. Matthias Tschöp


Auch , von der Fakultät Medizin, erhält einen 91ɫ Advanced Grant. In seinem Projekt „HypoFlam“ wird er den Zusammenhang zwischen zucker- und fettreicher Ernährung, entzündungsähnlichen Vorgängen in bestimmten Hirnregionen sowie dem Auftreten von Adipositas (Fettleibigkeit) und Diabetes untersuchen.
 
In einer vorangegangenen Studie hatten Prof. Tschöp und sein Team herausgefunden, dass  durch eine zucker- und fettreiche Ernährung traumatische Zellveränderungen in Teilen des Hypothalamus auftreten. In dieser Hirnregion werden beim Menschen unter anderem die Aufnahme von Flüssigkeit und Nahrung, aber auch Zucker- und Fettstoffwechsel gesteuert.
 
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nehmen an, dass diese Veränderungen im Hypothalamus langfristig zu Fettleibigkeit und dem Auftreten von Typ-2-Diabetes beitragen, weil sie zentrale Regelkreisläufe in ihrer Funktion beeinträchtigen. Die Forscher wollen nun die zu Grunde liegenden molekularen Mechanismen aufklären, um neue  Therapien zu entwickeln. Besonderer Fokus liegt hierbei nicht nur auf der Beteiligung der Nervenzellen, sondern auch auf der Rolle von Stützzellen (Astrozyten), „Fresszellen” (Mikroglia) und bestimmten weißen Blutkörperchen (Lymphozyten), die Prof. Tschöp und sein Team ebenfalls im Hypothalamus nachweisen konnten.
 
Prof. Tschöp ist seit 2011 Inhaber des Lehrstuhls für Stoffwechselerkrankungen an der TU München. Er ist zudem wissenschaftlicher am Helmholtz Zentrum üԳ, wo das „HypoFlam“-Projekt primär angesiedelt ist. 2012 erhielt er als erster deutscher Mediziner die renommierte Alexander von Humboldt-Professur, seit 2013 ist Tschöp Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften, Leopoldina.

91ɫ Consolidator Grants

 

Prof. Dr. Florian Bassermann


, Fakultät für Medizin, erhält einen 91ɫ Consolidator Grant für sein Projekt „BCM-UPS“. Der Wissenschaftler forscht mit seinem Team an neuen Therapieansätzen gegen bösartige B-Zell-Lymphome wie das Mantelzelllymphom oder das Multiple Myelom. Diese sind eine Untergruppe der Non-Hodgkin-Lymphome, bei denen Patienten sehr schlechte Prognosen haben.

In früheren Studien fand Bassermann bereits heraus, dass Fehlfunktionen von bestimmten Enzymen des zellulären Ubiquitin-Proteasom-Systems (UPS) für die Entstehung und Ausprägung dieser Krebsformen eine entscheidende Rolle spielen. Das UPS-System ist unter anderem an der DNA-Reparatur beteiligt.

Einige dieser Enzyme des UPS-Systems könnten als mögliche Biomarker oder therapeutische Ziele bei Lymphomen dienen. Mit der europäischen Förderung will der Forscher jetzt ihr Zusammenspiel genauer untersuchen. In seinem interdisziplinären Ansatz sollen sowohl zellbiologische und proteomische Ansätze, Mausmodelle und klinische Patientenstudien als auch genetische Screenings von Gewebeproben zum Einsatz kommen.

Florian Bassermann ist seit April 2015 Tenure Track Professor an der TUM und leitet die in der III. Medizinischen Klinik am TUM Klinikum rechts der Isar. Zudem ist er Oberarzt für Hämatologie/Onkologie.

Prof. Dr. Marc Schmidt-Supprian


In einem interdisziplinären Versuchsansatz möchte   die Reifung von B-Zellen erforschen, ein essenzieller Prozess für unsere adaptive Immunabwehr. Im Laufe ihres Lebens werden B-Zellen entweder zu langlebigen Gedächtniszellen oder zu Plasmazellen, die Antikörper zur Verteidigung gegen feindliche Mikroorganismen produzieren, unter anderem gegen Bakterien, Viren und Parasiten.

Laufen einzelne Schritte in diesem Reifeprozess falsch ab, können Autoimmunerkrankungen entstehen. Der Fokus des Wissenschaftlers liegt vor allem darauf, wie sich die Ausstattung von Proteinen innerhalb der Zelle während der Entwicklung der B-Zelle verändert und wie sie reguliert wird.

Besonders die so genannten RNA-bindenden Protein (RBPs) sind dabei noch wenig erforscht. Sie steuern auf RNA-Ebene, wie viel von einem Protein hergestellt wird. Sowohl mit neuen Mausmodellen und Proteomik-Studien als auch neuartigen Zellkultursystemen möchte er die Rolle dieser regulatorischen Proteine bei der B-Zell-Reifung genauer erforschen.

2014 wurde Marc Schmidt-Supprian als Tenure Track Professor für Experimentelle Hämatologie an die TUM berufen. Er leitet die an der III. Medizinischen Klinik des TUM-Klinikums rechts der Isar.

91ɫ Starting Grants

 

Prof. Dr. Kilian Eyerich


Das Projekt „IMCIS“ von , Fakultät für Medizin, widmet sich chronischen entzündlichen Hauterkrankungen wie Schuppenflechte (Psoriasis) oder Neurodermitis (atopisches Ekzem). Der Mediziner möchte mit seinem Team ein ausführliches und standardisiertes Diagnoseverfahren entwickeln, für das insgesamt 86 Parameter individuell bei jedem Patienten erhoben und untersucht werden. Hierzu gehören neben histologischen Untersuchungen des Gewebes auch molekulare Analysen.

Der Ansatz soll vor allem interdisziplinär sein, so dass klinische, histologische und Laborwerte zusammengeführt und bioinformatisch ausgewertet werden. Ziel des Projekts ist es, Biomarker zu identifizieren, die den Verlauf der Krankheiten und Therapieerfolge frühzeitig vorhersagen können.

Seit Januar 2014 ist Kilian Eyerich im Rahmen einer Heisenberg-Professur. Seit 2012 ist er zudem Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie des TUM-Ծäsklinikums rechts der Isar.

Dr. Dimitrios C. Karampinos


, Fakultät für Medizin, erhält die angesehene EU-Forschungsförderung für sein Forschungsprojekt „ProFatMRI“. Darin konzentriert er sich auf die Weiterentwicklung der Bildgebungsmodalität Magnetresonanztomographie (MRT; engl. Magnetic Resonance Imaging, MRI), um das menschliche Fettgewebe im lebenden System zu untersuchen.

Dr. Karampinos wird neuartige MRT-Methoden entwickeln, um erstmals die Mikrostrukturen von Fettgewebe, insbesondere das braune Fettgewebe und das Knochenmarkfett, nicht invasiv zu untersuchen und zu quantifizieren. Durch solche Entwicklungen können die Diagnose und Therapie von Krankheiten wie dem metabolischen Syndrom - eine Kombination aus Fettleibigkeit, Insulinresistenz und Bluthochdruck - oder Osteoporose vorangetrieben werden. Bei beiden Erkrankungen spielt das Fettgewebe entweder innerhalb des Knochens oder in verschiedenen Körperfettdepots für den Verlauf und die Ausprägung beider Krankheiten eine wichtige Rolle.

Nach seinem Maschinenbaustudium in Athen und seiner Promotion mit einem Fokus auf Bioingenieurswissenschaften an der Ծä von Illinois in Urbana-Champaign, arbeitete Dimitrios Karampinos als Postdoc im Radiologie-Department an der Ծä von Kalifornien in San Francisco. Seit September 2012 ist er Leiter der Gruppe „Body Magnetic Resonance Imaging” am Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie am TUM-Ծäsklinikum rechts der Isar.

 

Weitere Informationen

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